Gesellschaftsrecht 9. Dezember 2020

Erleichterungen für Vereine durch gesetzliche Regelungen anlässlich der Covid-19-Pandemie

von Alina Häck und Dr. Florian Lauscher

Aufgrund der aktuellen Einschränkungen infolge der Corona-Krise, insbesondere im Hinblick auf die von der Bundesregierung seit März 2020 verhängten und derzeit wieder verschärften Kontaktbeschränkungen bzw. -verbote können Mitgliederversammlungen und Sitzungen nicht wie gewohnt und gesetzlich vorgesehen in Form einer physischen Zusammenkunft stattfinden.

Viele Vereine, die angesichts der Corona-Beschränkungen im zweiten Quartal diesen Jahres ihre Mitgliederversammlungen auf Ende des Jahres verlegt hatten, stehen somit erneut vor erheblichen Herausforderungen. Mit einem Unterschied zum Frühjahr: Ein erneutes Aufschieben ist nicht mehr möglich. Art. 1 § 5 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (COVMG) schafft hier Abhilfe. Aufgrund der Verordnung zur Verlängerung der Maßnahmen u.a. im Vereins- und Stiftungsrecht vom 20. Oktober 2020 gilt Art. 1 § 5 COVMG nunmehr sogar bis zum 31. Dezember 2021. Das COVMG sieht folgende Erleichterungen für Vereine und Stiftungen vor: 

Zeitweises Aussetzung des Erfordernisses einer Präsenzveranstaltung 

Nach Maßgabe von § 36 Alt. 1 BGB ist eine Mitgliederversammlung in den durch Satzung bestimmten Fällen und nach § 37 Abs. 1 BGB auf Verlangen einer Minderheit einzuberufen. Ein Ermessen des Einberufungsorgans besteht grds. nicht. Die gesetzliche Mitgliederversammlung ist eine Präsenzveranstaltung. Ein großer Teil der Vereine hat daher von der Möglichkeit, statuarisch eine virtuelle Teilnahme oder gar Versammlung vorzusehen, in der Vergangenheit keinen Gebrauch gemacht. Auch eine schriftliche Stimmabgabe in Form der Briefwahl ist in der Regel nicht vorgesehen.

Hier schafft Art. 2 § 5 Abs. 2 COVMG Erleichterung, und zwar für alle Vereine: Neben der virtuellen Versammlung oder Teilnahme einiger Mitglieder eröffnet Absatz 2 Nr. 2 unabhängig von einer entsprechenden Satzungsregelung die Möglichkeit einer schriftlichen Stimmangabe vor Durchführung der Mitgliederversammlung. Im Ergebnis befreit Art. 2 § 5 COVMG damit zwar nicht von der Pflicht eine Mitgliederversammlung ordnungsgemäß einzuberufen, also auch Ort und Zeit der Versammlung anzugeben, diese kann allerdings ohne physische Teilnahme der Mitglieder abgehalten werden. 

Was aber, wenn das Risiko besteht, dass einige Mitglieder aufgrund der Nennung eines Versammlungsorts physisch dort erscheinen werden? Muss der Vorstand diese physisch an der Versammlung teilnehmen lassen? Auch wenn der Wortlaut von Art. 2 § 5 Abs. 2 Nr. 1 COVMG an dieser Stelle nicht ganz eindeutig ist, muss jedenfalls die Gesetzesbegründung nach unserer Auflassung so verstanden werden, dass der Vorstand eine rein virtuelle Versammlung anordnen kann. Mitgliedern muss also kein Zugang zum Versammlungsort gewährt werden.

Zu der Frage, wie sich technische Problemen während der Versammlung auf die Wirksamkeit der dort gefassten Beschlüsse auswirken, hat der Gesetzgeber anders als bei der Aktiengesellschaft keine Stellung genommen. Bei Planung und Durchführung der virtuellen Versammlung ist daher besondere Sorgfalt geboten.

Vereinfachte Beschlussmöglichkeit außerhalb der Versammlung

Nach § 32 Abs. 2 BGB ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder nur dann möglich, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zum Beschluss schriftlich, das bedeutet durch eigenhändig unterschriebene Erklärung, abgeben. Ein nahezu unüberwindbare Hürde für alle Vereine, die hier keine abweichende Regelung in ihrer Satzung vorgesehen haben. 

Nach Art. 2 § 5 Abs. 3 COVMG ist es zum einen unabhängig von der Satzung ausreichend, dass die Stimmabgabe in Textform erfolgt und zum anderen muss nicht mehr jedes Mitglied der Beschlussfassung außerhalb der Versammlung zustimmen. Wirksamkeitsvoraussetzung ist lediglich, dass alle Mitglieder beteiligt wurden und davon mindestens die Hälfte ihre Stimmen abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Dies kann für Vereine, die kurzfristig eine Entscheidung herbeiführen müssen oder wollen, eine große Erleichterung darstellen. Im Ergebnis wird dies für viele große Vereine mangels Rückmeldung von mehr als der Hälfte der Mitglieder allerdings nicht praktikabel sein. Eine Alternative zur Mitgliederversammlung in diesem Jahr ist die Beschlussfassung außerhalb der Versammlung zudem nur dann, wenn das Einberufungsorgan nach der Satzung nicht verpflichtet ist, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Mitgliederversammlung einzuberufen.

Kein automatisches Ausscheiden des Vorstands bei Ablauf der Amtszeit

Wenn die Amtszeit eines Vorstandsmitglieds endet, die Nachbesetzung nicht rechtzeitig erfolgt, weil eine Mitgliederversammlung oder Sitzung nicht wie gewohnt stattfinden kann und keine Übergangsregelung in der Satzung vorgesehen ist, würde das Organ automatisch ausscheiden. In vielen Fällen hätte dies die Handlungsunfähigkeit des Vereins und damit als einzigen kurzfristigen Ausweg eine Notbestellung in analoger Anwendung von § 85 AktG zur Folge. Der vorgenannte Grundsatz wird nach Art. 2 § 5 Abs. 1 COVMG nunmehr vorübergehend ausgesetzt: Das Vorstandsmitglied bleibt solange im Amt, bis es ausdrücklich abberufen oder sein Nachfolger bestellt wird. 

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